Journalisten hassen Pressemitteilungen. Nicht alle, aber
bestimmte. Manchmal liegt es am Thema, aber oft liegt
es am Ton. Im heutigen Newsletter erfahren Sie, wie
Sie diesem gefährlichen Liebesentzug entgehen können.
Flötentöne des Monats
Höchste Qualität. Weltweit erstmalig. Eine einmalige und besondere
Geschäftsidee. Eine Erfolgsgeschichte. Innerhalb kürzester Zeit.
Diese Töne lassen die Herzen vieler Chefinnen und Chefs höher
schlagen: Wir sind die Besten – oder auf dem direkten Weg, es zu
werden. Und unsere Pressemitteilung bringt dies auf den Punkt.
Schade nur, dass diese Texte die Sprache der Werbung benutzen.
Die Kommunikationswissenschaft spricht von „Hochwertwörtern“:
Der Hersteller ist „hochqualifiziert“ und „kompetent“, das Produkt
„innovativ“. Der Empfänger „profitiert“ und erhält „mehr Komfort“.
Journalisten sehen bei solchen Texten rot. Anders als der Absender
lesen sie nur: Werbung. Werbung. Werbung. Hier will mich jemand
vor seinen Karren spannen. Kommt nicht in Frage. Papierkorb.
In einer Medienumfrage sagte das Gros der Journalisten: Mehr als
die Hälfte aller Pressemitteilungen sind eher verkappte Werbung.
Und der Pressekodex sagt klipp und klar: Die Berichterstattung
der Medien über Unternehmen darf keine Schleichwerbung sein.
Der richtige Ton im Pressetext
Journalisten brauchen Fakten. Pressemitteilungen müssen auf der
Sachebene bestehen. Überlegen Sie deshalb vor dem Texten: Kann
ich mein Thema in einen Satz gießen? Sachlich und ohne Wertung?
Wie lautet dieser Satz? Und: Ist er für die Öffentlichkeit relevant?
Falls ja: Texten Sie. Anschließend machen Sie die Probe:
1. Erschließt sich die Relevanz des Themas für Außenstehende?
2. Steht die Sachinformation im Zentrum?
3. Komme ich hier ohne Hochwertwörter aus?
4. Kommen Wertungen höchstens in den Zitaten vor?
5. Haben diese Wertungen eine nachvollziehbare sachliche Basis?
Die Gretchenfrage lautet: Wenn Sie alle Zitate und damit auch alle
Wertungen streichen würden - hätte Ihr Text dann noch Substanz?
Falls nicht: Werfen Sie ihn weg. Sonst tun es die Journalisten.
Der cleartext-Weihnachtstipp
Erinnern Sie sich noch an letztes Jahr? Plötzlich war Dezember.
Und das hieß: Weihnachtspost schreiben. Und wieder war es zu
spät für die Idee, für Ihr Haus endlich eigene Karten drucken
zu lassen und sich so abzuheben vom allgemeinen Einheitsbrei.
Jetzt haben Sie eine neue Chance. Im Dezember-Newsletter
vor drei Jahren hatte ich das Thema schon einmal angesprochen:
Im nächsten Jahr können Sie es besser machen. Schreiben Sie
sich das Thema Weihnachtspost für Oktober in den Kalender. Dann
können Sie in Ruhe planen. Im November texten Sie und geben das
Ganze in Druck. Anfang Dezember sind Briefe oder Karten fertig.
Jetzt haben Sie Zeit, jeden Tag ein paar persönlich zu ergänzen.
Mitte Dezember geben Sie alles zur Post. Das klingt wie ein
Weihnachtsmärchen, aber es ist wahr. Ich habe es ausprobiert.