In der Bergpredigt heißt es: „An Ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen.“ Heute sind wir dem Obstbau entfremdet, und zum Erkennen einer Person wägen wir die Früchte ihrer Rede. Dieser Newsletter hat für Sie einmal abgebissen.
Geschmackstest des Monats
Man wird auch ein bisschen demütiger. Man wird lebensklüger. Und man muss aus eigenen Fehlern lernen. Und gerade die Glaubwürdigkeit, die man als XX braucht, die wird man nur zurückerlangen, wenn man auch im Umgang mit seinen eigenen Fehlern Lernfortschritte unter Beweis stellt.
Ein Mensch in Bedrängnis. Ringsum Probleme. Und jetzt? Bekennen und
zugleich nach vorne blicken. Demut - und das Kreuz durchdrücken.
Aber wer ist „man“? Für wen spricht dieser Mensch außer für sich selbst?
Für niemand. Dieses „man“ ist ein Schutzschild, es schafft Distanz, lässt
die Einzelperson aufgehen im Allgemeinen. Sonst klänge das Ganze so:
Ich merke: Ich werde auch ein bisschen demütiger. Ich werde lebensklüger. Und ich muss aus meinen Fehlern lernen. Und gerade die Glaubwürdigkeit, die ich als XX brauche, die werde ich nur zurückgewinnen, wenn ich offen mit meinen Fehlern umgehe und dabei beweise, dass ich aus diesen Fehlern gelernt habe.
In der „ich“-Perspektive ist der Schutzschild verschwunden. Jetzt ist
eindeutig klar: Christian Wulff spricht über sich selbst. Das ist ehrlicher.
Und es tut auch mehr weh. Deshalb wechseln viele von uns in die „man“-Perspektive, wenn es ans Eingemachte geht. Auch Frauen tun das.
Auch aus dem Passiv lassen sich trefflich Schutzschilde bauen. Politiker
lieben es: Die Sparanstrengungen müssen verstärkt werden. Den Bürgern
müsse klar gemacht werden. - Wenn es heikel wird, regiert das Passiv. Es
versteckt den Akteur und enthebt ihn hässlicher Formulierungen wie „Ich
sage Ihnen heute: Wir alle müssen sparen. Wir als Regierung, und Sie als
Bürgerinnen und Bürger. Das wird weh tun, aber es ist der einzige Weg.“
Der "man"-Falle entgehen– so kann es klappen:
Versuchen Sie, sich beim Sprechen zuzuhören. Korrigieren Sie jedes „man“, Wiederholen Sie den Satz in der „ich“-Perspektive. Oder bitten Sie jemanden, es Ihnen anschließend zu sagen, wenn Sie ins „man“ fielen oder ins Passiv. Sie können sich umstellen. Und Sie werden dadurch authentischer wirken.
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Ehrenretter des Monats
Interviewerin: Was ist besonders ungesund im Leben eines
Ministers? – Herr T.: Man schläft sehr wenig und isst unregelmäßig.
Die Gefahr ist groß, dass man zu viel Alkohol trinkt. Deswegen
verbringe ich seit Jahren die Fastenzeit ohne Alkohol. Am Anfang
mag das unter religiösen Gesichtspunkten gestanden haben,
zunehmend geht es auch um die Frage: Kannst Du es noch? Oder
zittert die Hand morgens? Man geht mit sich schon ziemlich
rücksichtslos um. ‚Man‘ sage ich. Dabei meine ich doch ‚Ich‘.
(Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 14. April 2012)
Hut ab. Herr T. redet nicht nur, er hört sich auch zu bei dem, was
er sagt. Und er korrigiert sich, als er bemerkt: Ich drifte ab ins
Unbestimmte, in den distanzierten Sprechstil von uns Politikern.
Für mich heißt das: Es geht. Wir können unseren Sprechstil ändern.
Auch noch als Erwachsene. Das gilt auch für unseren Schreibstil.
Wir können unseren Blick und unser Ohr dafür schärfen. - Diesen
Tipp hatte ich jüngst ans Ende meiner Politiker-Schelte gestellt
Der ‚man‘-Falle entgehen– so kann es klappen:
Versuchen Sie, sich beim Sprechen zuzuhören. Korrigieren Sie jedes
‚man‘. Wiederholen Sie den Satz in der ‚Ich‘-Perspektive. Oder bitten
Sie jemanden, es Ihnen anschließend zu sagen, wenn Sie ins ‚man‘
fielen oder ins Passiv. (…) Sie werden dadurch authentischer wirken.
PS: Herr T. ist er frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Die
Passage aus einem großen Interview in der SZ mag zeigen, warum
er im Gespräch war als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten.
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