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Substantivierungen

 

Heute nimmt Sie der cleartext-Newsletter mit an die Supermarktkasse und in die heikle Welt der Sponsoring-Briefe. Sie erfahren, was wir beim Schreiben von Kindern lernen können und warum der Dativ dem Genitiv sein Tod ist.


Gruseltext des Monats

"Liebe Kunden, zur Erhöhung Ihrer Sicherheit erfolgt ab jetzt bei jeder EC-Zahlung eine PIN-Abfrage" las ich neulich im Supermarkt an der Kasse. Ein Satz aus der Schatztruhe des Bürokraten. Dort ruhen auch Kostbarkeiten wie "Die Umsetzung der Verordnung erfolgt durch die Kommunen".

Lieber Supermarkt, wie wäre es stattdessen hiermit?

"Liebe Kunden, Ihre Sicherheit ist uns wichtig. EC-Zahlungen deshalb jetzt nur noch mit PIN - damit kein Fremder heimlich Ihre Karte benutzt."


Verständlich schreiben - so funktioniert es

Weg mit gekünstelten Substantivierungen!

Machen Sie aus der geschraubten "Erhöhung" wieder ein Verb: Wir erhöhen Ihre Sicherheit. Wir verbessern sie. Ihre Sicherheit ist uns wichtig. Denn wer aus "Sicherheit erhöhen" eine "Erhöhung der Sicherheit" macht, kommt zwar gewichtig daher - aber er hat kein Verb mehr. Er greift dann zu einem künstlichen. So kommen Wörter ins Spiel wie "erfolgen" oder "durchführen".

Schreiben Sie, wie Sie reden!

"Die Umsetzung der Verordnung erfolgt durch die Kommunen" ist von der Konstruktion her ein Satz wie "Das Legen der Eier erfolgt durch die Hühner." Kein Mensch redet so. Sondern: Hühner legen Eier. Die Kommunen setzen die Verordnung um. Die Kommunen müssen die Verordnung umsetzen.

Hier können wir auch von Kindern lernen. Sie schreiben nicht abstrakt, sondern konkret: Dann hat der Bürgermeister gesagt, dass die Leute das tun müssen. Substantivierungen sind ihnen genauso fremd wie Schachtelsätze. Warum sich das eines Tages ändert, steht auf einem anderen Blatt.


Tipp des Monats

Bettelbriefe an potentielle Sponsoren sind ein hartes Brot. Wie bringe ich mein Anliegen elegant und unaufdringlich an den Mann oder die Frau?

"Sehr geehrte Frau M., wie ich mit Ihnen vor einiger Zeit im Telefonat besprochen habe, wenden wir - der Vorstand des Landesverbands XY - uns an Sie mit der Bitte um eine finanzielle Spende und/oder Sachspende. Im nächsten Jahr werden wir im Oktober, gemeinsam mit der Bundeskonferenz XY, eine wissenschaftliche Jahrestagung zum 100jährigen Jubiläum von XY in Deutschland ausrichten, zu der wir etwa 400 bis 450 Fachbesucher im Rathaus Berlin-Schöneberg erwarten. Die Tagung steht unter dem Motto "ZZ". Details entnehmen Sie bitte dem beiliegenden Exposé. Die Schirmherrschaft übernimmt der Jugendsenator im Land Berlin, Herr Böger. Bundespräsident Herr Köhler ist angefragt. ..."

Ich wage keine Wette, ob Frau M. überhaupt bis hierher durchgehalten hat. Fakt ist: Firmen werden mit Sponsor-Anfragen überschüttet. Hier hilft nur eines: schnell auf den Punkt kommen. Um was geht es? Und vor allem: Was hätte der Sponsor selbst von einem Engagement? - Also vielleicht so:

"Sehr geehrte Frau M., wir würden Ihr Haus gerne als Sponsor gewinnen für eine große gesellschaftspolitische Fachtagung. Wir sprachen darüber neulich am Telefon. Der Kongress findet im kommenden Jahr in Berlin statt - im legendären Schöneberger Rathaus mit dem Kennedy-Balkon. Schirmherr ist der Jugendsenator. Bundespräsident Köhler ist als Redner angefragt. ..."

Die Botschaft ist klar: prominenter Ort, möglicherweise der Bundespräsident. Medieninteresse. - Wenn Frau M. bis hierher gelesen hat, nenne ich das Thema. Es ist gesellschaftspolitisch "in" und bringt zusätzliche Publizität.


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