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Persönlich formulieren

 

Wie geht es Ihren Vorsätzen für das neue Jahr? Falls Sie noch auf der Suche sind: Ich wüsste Ihnen drei. Klarheit in der Sprache, Zugewandtheit zum Empfänger, Phantasie.


Gruseltext des Monats

"Ein Buch zu schreiben habe ich mir eigentlich viel einfacher vorgestellt. Um dem gesteckten Ziel, ein sehr praxisorientiertes und lesbares PR-Buch zu schreiben, das auf der einen Seite nach Möglichkeit alle relevanten Maßnahmen und Mittel anspricht und gleichzeitig nur die wichtigsten Aspekte darin erörtert, mit weitgehendem Verzicht auf theoretischen Ballast und trotzdem zur Professionalisierung des Lesers beiträgt, ist nicht ganz einfach."

Es ist schön, wenn jemand freimütig über die Qualen des Schreibens
berichtet. Weniger schön ist es, wenn er am Satzende nicht mehr weiß,
wie er angesetzt hatte. Also nochmals zurück auf Los:

Meine Arbeit als Autor habe ich mir einfacher vorgestellt. Ich wollte ein praxisorientiertes und lesbares PR-Buch schreiben. Ich wollte möglichst alle relevanten Schritte und Werkzeuge von PR ansprechen, mich aber auf die wichtigsten Aspekte konzentrieren und weitgehend auf theoretischen Ballast verzichten. Trotzdem sollte dieses Buch zur Professionalisierung des Lesers beitragen. Beim Schreiben merkte ich dann: Dies ist nicht ganz einfach.

Klar und verständlich formulieren - so funktioniert es:

Unser Gruseltext besteht aus zwei Sätzen. Der erste ist so weit in Ordnung, der zweite ist problematisch: zu lang und zu verschachtelt. Der eigentliche Hauptsatz "(Es) ist nicht ganz einfach" steht am Schluss, das Subjekt "Es" ist - grammatikalisch verquer - verborgen im "gesteckten Ziel".

Mein Grundprinzip beim Schreiben kennen Sie inzwischen: portionieren. Das "gesteckte Ziel" verteile ich auf insgesamt drei Sätze: Das Buch soll praxisorientiert und lesbar sein, umfassend ohne Detailflut und theoretischen Ballast, und es soll zur Professionalisierung des Lesers beitragen. Diese Dreiteilung bringt Ruhe in den Text und gibt jedem Aspekt ausreichend Platz. Das Fazit des Autors bekommt einen eigenen Satz. Der Anlauf "Beim Schreiben merkte ich dann" und der Doppelpunkt geben dem Fazit zusätzliches Gewicht.

Mein zweites Prinzip heißt: möglichst konkret und persönlich. Aus "Um dem gesteckten Ziel, ein sehr praxisorientiertes und lesbares PR-Buch zu schreiben" wird "Ich wollte ein praxisorientiertes und lesbares PR-Buch schreiben", aus"Maßnahmen und Mittel" wird "Schritte und Werkzeuge von PR".

Dann streiche ich alle unnötigen Füllwörter: das "eigentlich" im ersten Satz, das "auf der einen Seite" und das "gleichzeitig" im zweiten. Aus "nach Möglichkeit" mache ich"möglichst", das "darin" entfällt. Aus zwei Sätzen mit insgesamt 64 Wörtern werden fünf Sätze mit 61 Wörtern - der Text ist jetzt sogar kürzer.

Bei Umformulieren orientiere ich mich an diesen drei Schreibregeln:

  • Zwei kurze Sätze sind besser als ein langer
  • Hauptsachen gehören in Hauptsätze
  • konkret ist besser als abstrakt

Tipp des Monats: an den Leser denken

Ehe Sie einen Text schreiben: Denken Sie über den Leser nach. Gehen Sie die drei wichtigsten Baustellen des Schreibenden durch: Thema, Gefühle, Zukunft.

Thema: Was weiß der Leser bereits? Ist er oder sie Experte oder Laie? Was kann ich voraussetzen? Was muss ich erklären? Zusammenhänge? Begriffe?

Gefühle: Ist mein Thema beim Empfänger positiv besetzt, oder gibt es Ängste und Abwehr? Falls ja: Ignorieren Sie diese nicht. Gehen Sie aktiv damit um.

Zukunft: Wie geht es weiter? Was kann oder muss der Leser tun? Welche Fragen bleiben offen? - Lassen Sie den Leser damit nicht allein.

Auf diesen drei Baustellen stehen Sie bei allen Texten. Bei Ihrer Homepage, bei einem Akquisebrief und selbst bei einer Mahnung.
Dabei geht es auch um den Einstieg: Wie fange ich an? Mehr dazu im Februar - und vorab im Buchtipp. 

 


cleartext zum Mitmachen

"Sehr geehrter Herr Meyer, die DAK stellt Ihnen folgendes Pflegehilfsmittel zur Verfügung: Hausnotrufsystem. Falls Sie das oben genannte Pflegehilfsmittel noch nicht erhalten haben, wird der Leistungserbringer in den nächsten Tagen mit Ihnen einen Termin zur Aushändigung bzw. Lieferung vereinbaren. Das Pflegehilfsmittel mietet die DAK von dem Leistungserbringer. Damit unnötige Kosten vermieden werden, möchten wir Sie bitten, uns zu informieren, falls Sie das Pflegehilfsmittel vor dem Ablauf der oben genannten Mietdauer nicht
mehr benötigen. Beauftragter Lieferant: ASB OV Rems-Murr."

Dieses Schreiben erhielt ein 86-Jähriger von seiner Krankenkasse. Er hatte dort einen Hausnotruf beantragt. Als Hintergrund: Im Rahmen der Pflegeversicherung hatte ihm die Kasse zuvor Pflegestufe I zuerkannt. Das heißt in diesem Fall: Die Kasse übernimmt zumindest einen Teil Kosten für den Hausnotruf.

"Leistungserbringer" war im konkreten Fall der Arbeitersamariterbund ("ASB"), und dort der Ortsverein ("OV") Rems-Murr. 

Wenn Sie mögen: Schreiben Sie den Brief neu. Er darf gerne länger werden. Denken Sie dabei auch an die "drei Baustellen". Mehr dazu dann im Februar.


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