Schneller, besser, billiger: Es wäre schön, wenn wir unseren Partnern und Kunden nur positive Dinge zu berichten hätten. Doch die Welt ist nicht so. In diesem Newsletter erfahren Sie, wie Sie auch Unangenehmes positiv kommunizieren können.
Schwarzmaler des Monats
Am 24.10. müssen wir von 07:00 Uhr bis 09:00 Uhr Wartungs-
												arbeiten an der Infrastruktur unseres Systems durchführen, 
												die zur Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit erforderlich 
												sind. Dabei werden gebäudetechnische Erweiterungen am 
												Hauptstromanschluss durch die Stadtwerke durchgeführt. 
												Die Stadtwerke können solche Arbeiten leider nur von 07:00 
												Uhr bis 17:00 Uhr erledigen. 
												Aus diesem Grund stehen Ihnen im Zeitraum von 07:00 Uhr 
												bis 09:00 Uhr unser telefonischer Kundenservice, die App 
												sowie unsere Internetseiten nicht zur Verfügung.
 
												Für die entstehenden Unannehmlichkeiten möchten 
												wir uns entschuldigen und bitten Sie um Ihr Verständnis.
												Zwei Stunden Systemabschaltung - für einen modernen 
												Dienstleister ist das kein Pappenstiel. Nur: In seiner Mail
												an die Kunden macht er es noch schlimmer: müssen … 
												leider … Unannehmlichkeiten – mit diesen Negativ-Wörtern 
												macht er das Problem unnötigerweise groß und schwer.
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                Meiden Sie den Negativstil 
                                
                                
                                
                                „leider“ schreiben Sie, wenn Sie etwas ausdrücklich 
								bedauern. Sie haben einen Fehler gemacht; etwas ist 
								schiefgelaufen. Bei den Stadtwerken brauchen Sie kein 
								leider. Jeder von uns weiß, dass Stadtwerke in aller
								Regel keine Nacht- und Wochenend-Schichten machen.
								Auch „müssen“ brauchen  Sie nicht. Wartungsarbeiten
								sind normal, wenn ein System problemlos laufen soll.
								Wartungsarbeiten sind also im Interesse Ihrer Kunden. 
								Dies heißt auch: Sie müssen sich nicht entschuldigen.
								Drittens: „Unannehmlichkeiten“. Sie lösen schon beim 
								Lesen Unwohlsein aus. Vermeiden Sie dieses Wort.
                                
                                
                                
                                
                                
                                Sagen Sie, was geht – anstatt, was nicht geht 
                                
                                
                                Aus diesem Grund stehen Ihnen im Zeitraum von 07:00 
								Uhr bis 09:00 Uhr unser telefonischer Kundenservice, 
								die App sowie unsere Internetseiten nicht zur Verfügung. 
								Im positiven Sinn bedeutet dies: Die Kunden können Ihren 
								Service bis 7.00 Uhr nutzen und dann wieder ab 9.00 Uhr. 
 
                                
                                
                               
                                
                                
                                Schreiben Sie, wie Sie sprechen 
                                
                                
                                
                                … von 07:00 Uhr bis 09:00 Uhr wirkt bürokratisch, im 
									Alltag setzen wir keine Null vor die Uhrzeit. Wir sprechen 
									auch nicht von Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit,
									gebäudetechnischen Erweiterungen oder durchgefährt.
									Dieser gestelzte Amtsstil ist Gift für ein Unternehmen, 
									das sich sonst ausgesprochen modern und hipp gibt.
                                
                                
                                
                                
                                Schreiben Sie sachlich - und positiv
                                
                                
                                
                                Sie können uns rund um die Uhr erreichen. Dafür lassen 
								wir unser System regelmäßig warten. Beim nächsten Mal
								stehen auch kleinere Bauarbeiten an. Wir haben diese in
								eine Zeit gelegt, in der Sie uns eher selten ansprechen:
								Am 24. Oktober von 7.00 Uhr bis 9.00 Uhr 
								unterbrechen wir unseren telefonischen Kundenservice, 
								die App und unsere Internetseiten. Vor und nach diesen
								zwei Stunden erreichen Sie uns wie gewohnt. 
                                
                                
                                
                                
                                
                                
                                Achten Sie auf die Textperspektive
                                
                                
                                
                                wir … unser … wir uns – die Original-Mail ist überwiegend
								in der Absender-Perspektive geschrieben. Die Leseforschung
								sagt: Damit stellt sich der Absender in den Mittelpunkt. Bei
								Empfängerinnen und Empfängern löst dies aus: Die nehmen 
								sich selbst wichtiger als mich. – Fatal für einen Dienstleister.
								Setzen Sie möglichst viele Sätze in die Empfänger-Perspektive: 
								Sie können uns erreichen … Sie uns ansprechen … erreichen Sie.
								Bei Leserinnen uns Lesern löst dies aus: Die nehmen mich ernst.
                                
                                
                                
                                
                              
                            
					
					
					
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Hasenfuß des Monats
Sehr  geehrte XY-Kundin, sehr geehrter Kunde, auch an uns 
                              gehen die aktuell wieder sehr hohen Kraftstoff-Preise nicht 
                              spurlos vorbei: Der für uns maßgebliche Dieselpreis ist in 
                              den letzten Wochen deutlich gestiegen. Auf diese Entwicklung 
                              müssen wir nun reagieren und sind gezwungen, von unserem 
                              Anpassungsvorbehalt Gebrauch zu machen. Der Kilometerpreis 
                              wird sich daher ab 15. Mai um einen Cent erhöhen.
                              
                              Der Aufbau ist gut: Lage, Folge,  Auswirkung für den Kunden. 
                              Schritt eins und drei sind schnörkellos, dazwischen windet sich 
                              der Absender sichtlich. Müssen reagieren. Sind gezwungen. 
                                Anpassungsvorbehalt. Die im Internet so locker auftretende 
                              Carsharing-Firma klingt plötzlich wie eine verstaubte Behörde.
  
                              Das ist kein Zufall. Bei unangenehmen Mitteilungen verstecken
                              wir uns gerne hinter dem Unabänderlichen. Aus Angst vor dem 
  Ärger oder der Wut unseres Gegenübers wollen wir ihm sagen:
                              Ich würde ja gerne anders, aber die Verhältnisse sind eben so.
  
                              Der Nachteil dieser „Lösung“: Der Ton kippt. Müssen und sind 
                                gezwungen gehören zum Negativstil – wie bedauerlicherweise 
                              und leider.Die Leseforschung sagt: Diese Wörter lösen beim 
                              Lesen negative Gefühle aus, auch dem Absender gegenüber.
  
  Unangenehmes  mitteilen: So kann es gehen
  
                              Machen Sie sich Ihre kleine innere  Angst bewusst. Bieten Sie 
                              ihr Paroli und stehen Sie zu Ihrer Aufgabe. - Also vielleicht so:
  
  Sie wissen  es aus den Medien: Die Kraftstoff-Preise sind in 
    letzter Zeit stark gestiegen. Vor allem der hohe Dieselpreis 
    wirkt sich bei den Autos aus, die wir für Sie bereithalten. Unser
    Kilometerpreis steigt deshalb zum 15. Mai um einen Cent. 
  
                              Kein Kunde freut  sich über eine Preiserhöhung, aber in diesem
                              Fall wird niemand Sie verdächtigen, eigenmächtig die Preise zu 
                              erhöhen. Die Gefühle Ihrer Kunden können Sie auch aufgreifen: 
                              Diesen Brief würden wir Ihnen gerne  ersparen, aber Sie wissen …
  
  Stellen  Sie den Leser in den Mittelpunkt
                            
Haben Sie es bemerkt? In der Originalversion unseres  Briefes 
spricht die Firma nur über sich selbst: an uns. für uns. müssen 
wir. von unserem. Die Absender-Perspektive  stellt den Absender 
in den Mittelpunkt. Beim Empfänger löst sie unbewusst aus: 
Ich bin unwichtig. - Für Kundenbriefe kann das verheerend sein.
Ganz anders die Empfänger-Perspektive mit Sie,  Ihr, Ihnen. 
Untersuchungen zeigen klar, dass sie beim Leser auslöst: Die 
meinen mich. Ich bin wichtig. – Dies können Sie nutzen.
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Klartext des Monats
Sehr geehrte  Reisende, Sie haben das abrupte Bremsmanöver
                                bemerkt und fragen sich sicher, warum unser ICE steht. Vor
                                uns war eine Person auf dem Gleis. Es ist niemand zu Schaden 
                                gekommen, aber unser Lokführer sieht sich nicht in der Lage 
                                weiterzufahren. Im Moment kann ich Ihnen noch nicht sagen, 
                            wie es für uns weitergeht, aber ich halte Sie auf dem Laufenden.  
Dies ist keine erfundene Durchsage, ich selbst saß in jenem ICE. Und der Zugchef hat die Situation gemeistert.
Er löste sein Versprechen ein  und gab immer wieder den aktuellen
                                Stand durch: Wir müssen auf die Polizei warten. Wir haben einen 
                                anderen Lokführer angefordert. Der neue Lokführer ist unterwegs. 
                                Der Lokführer steigt in wenigen Minuten zu. Gleich geht es weiter.
                                
                                Eine Stunde stand der ICE auf freier Strecke. An einem Werktag. 
                                Wegen dieser Verspätung platzten mit Sicherheit -zig Termine. 
                                Trotzdem hörte ich kein Murren, niemand schimpfte auf „die Bahn“. 
Tipp des Monats: Zeigen Sie Mut in der Krise
Sagen  Sie, was Sache ist. So konkret wie möglich. Verschleiern Sie 
                                nichts, und beschönigen Sie nichts. Die meisten Menschen haben 
                                ein feines Gespür dafür, ob jemand sie für dumm verkaufen will.
                                
                                Geben Sie es zu, wenn Sie etwas nicht wissen: Im Moment kann 
                                  ich Ihnen noch nicht sagen, wie es für uns weitergeht. Das ist
                                normal, jeder kennt solche Situationen. Ehrlichkeit zahlt sich aus.
                                
                                Bleiben Sie dran. Gerade wenn es unangenehm ist: Halten Sie die
                                Lücken zwischen Ihren Informationen eher kurz. Sonst öffnen Sie 
                                Raum für Spekulationen (Warum sagen die  nichts? Wir kommen 
                                  heute sicher nicht mehr an.) Behalten Sie das Heft in der Hand.
Finden Sie das Gute im Schlechten
 Ein Zwangsstopp im Niemandsland, kein stand-by-Lokführer in 
                                erreichbarer Nähe. Und doch ging es nach einer Stunde weiter. 
                                Unser Zugchef verriet uns, wie: Im entgegen kommenden ICE saß 
                                ein Lokführer auf dem Weg in den Urlaub. Der Zug stoppte am 
                                nächstgelegenen Bahnhof, der Urlauber stieg in den Triebwagen und 
                                steuerte in die Ferien. Der Abgelöste übernahm dafür unseren ICE.
                                
Eine Geschichte am Rande. Doch ihre Botschaft ist klar: Wir von der 
Deutschen Bahn tun alles für Sie. In einer Anzeige würde dieser Satz
Widerspruch auslösen, im gestrandeten ICE kam die Botschaft an.   
In eigener Sache
Ich lese  immer wieder mit großem Interesse Ihren Newsletter und 
                                habe auch schon die eine oder andere Anregung erhalten. Allerdings 
                                freut es mich weniger, wenn Sie den Verteiler offenlegen. Sie 
                                verbreiten sicherlich keine prekären Inhalte, trotzdem sollte die 
                            Anonymität Ihrer Leser gewahrt bleiben. Ich hoffe, es war ein Versehen 
                              schrieb mir eine Leserin im  Juli. So war es auch: Aus Unachtsamkeit
                                hatte ich einen Teil des Adressatenliste in die cc-Zeile gestellt. Bitte 
                                entschuldigen Sie dies. Ich stelle sicher, dass dies ein Einzelfall bleibt.
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Mogelpackung des Monats
Staatliche Museen zu Berlin: EINTRITT FREI BIS 18 JAHRE – 
                                Ab dem 1. Oktober 2010 erhalten Kinder und Jugendliche 
                                kostenlosen Eintritt in die staatlichen Museen zu Berlin.
                            
Die Neuerung solle Familien finanziell entlasten, heißt es im neuen Programm. Kurze Sätze, klare Botschaften. Wunderbar. Doch dann werden die Sätze länger und geschraubter. Von erheblichen Unterhaltskosten ist die Rede, die der Träger nicht mehr alleine aufbringen könne. Und dann kommt es:
Um die kulturelle Vermittlung für das Publikum und die Betreuung der Sammlungen weiterhin mit dem entsprechenden qualitätsvollen Niveau fortzusetzen, ist es erforderlich, zusätzliche finanzielle Mittel aufzubringen. Daher musste leider die Aufhebung der Entgeltfreiheit für die letzten vier Stunden an jedem Donnerstag beschlossen werden.
Im Klartext heißt dies: Die Staatlichen Museen zu Berlin
                              kippen den wöchentlichen Gratisbesuch. Bisher war am 
                            Donnerstagnachmittag 
                            oder –abend der Eintritt frei.
Eine einschneidende Änderung. Versteckt im letzten Satz einer Meldung zu einem völlig anderen Thema. Das riecht nach schlechtem Gewissen. – Offenheit klingt anders:
AUS FÜR FREIEN DONNERSTAG – GRATIS-EINTRITT  BIS 18
                                
                                Zum 1. Oktober beenden wir einen Service, auf den wir immer
                                stolz waren: den freien Eintritt in der letzten vier Stunden am
                                Donnerstag. Die Entscheidung fällt uns nicht leicht, doch wir 
                                sehen nur diese Möglichkeit. Unsere Kosten steigen, und die 
                            Zuschüsse von Bund und Ländern bleiben unverändert.
Kinder und Jugendliche nehmen wir bewusst aus. Ja, wir öffnen Ihnen unsere Türen weiter als bisher. Vom 1. Oktober an haben unter 18-Jährige jederzeit freien Eintritt. Herzlich willkommen!
Unangenehmes kommunizieren – so kann es gehen:
                              
                              Der Anlauf ist ganz kurz. Das entscheidende Wort  „beenden“ kommt schon in der ersten halben Zeile. Dann ein positives
                              Signal: Wir waren immer stolz darauf. Und dann die Fakten. Mit dem ersten Satz liegt alles Unangenehme auf den Tisch.
 Der zweite Satz greift das „Wie können die nur!“ der Leser 
                                auf und signalisiert: Wir verstehen Ihren Ärger und Eure
                                Enttäuschung. Der dritte Satz begründet die Entscheidung.
                                
                                Der freie Eintritt für Kinder und Jugendliche ist dann ein
                                Heimspiel. Gute Nachrichten lassen sich leicht verkünden. 
Tipp des Monats: Sagen Sie, was Sache ist
Reden Sie nicht um den heißen Brei herum. Nennen Sie das Unangenehme möglichst gleich zu Beginn. Dann ist es raus. Dies ist besser, als wenn Sie sich ewig winden, bis Sie an den entscheidenden Punkt kommen. Der Leser spürt dies. Und je länger es dauert, desto wahrscheinlicher ist er verstimmt.
 Verstecken Sie sich nicht hinter Passivsätzen. Setzen Sie die 
                                entscheidenden Sätze ins Aktiv, Formulieren Sie direkt, ohne„müssen“ und „leider“. Vermeiden Sie möglichst auch „kein“ 
und „nicht“. Negativbegriffe schaffen eine negative Stimmung.
                              
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